26 April 2006

Brasilien, das ewige Land der Zukunft?

Viele Firmen in Brasilien sind ISO 9000 etc. zertifiziert und praktizieren moderne Managementmethoden, die meistens Toyata zugeschrieben werden, auch wenn nebenbei bemerkt viele schon unter anderem Namen in Deutschland von Refa, RKW und ähnlichen Institutionen propagiert wurden, als Toyotas Autos noch nicht die Straßen der Welt befuhren. Eine der Methoden ist das Kontinuierliche Verbesserungswesen, vor allem in der Kfz-Industrie stark verbreitet. Was nicht verhindert, daß die vielgeschmähten USA einen Produktivitätsvorsprung haben, der von Brasiliens Industrie beim augenblicklichen Produktivitätszuwachs von 0,98 % pro Jahr erst in 400 Jahren eingeholt werden wird. Das ist die Aussage einer Studie der FIESP (Industrieverband von São Paulo). Wenn wir allerdings so wachsen würden wie zur Zeit Indien, würde die Produktivität der USA in 41 Jahren erreicht werden und mit dem Wachstum Chinas sogar in 20 Jahren. Wobei nicht klar hervorgeht, ob die USA dafür auf ihrem heutigen Produktivitätsniveau stehen bleiben müssen oder sich mit der augenblicklichen Produktivitätswachstumsrate weiterentwickeln dürfen.

Ob ja oder nein, warum solche katastrophalen Werte? Ausgangspunkt der Studie war der Beitrag der Industrie zum BIP (Wertschöpfung) im Verhältnis zur Beschäftigtenzahl, also nicht die physische Produktion geteilt durch die Anzahl der Mitarbeiter. Verglichen wurden 9 Länder, deren Produktivitätszuwächse zwischen 1996 und 2005 folgende Werte erreichten:

+ 148 % China
+ 70 % Indien
+ 48 % Südkorea
+ 35 % Russland
+ 23 % USA
+ 15 % Chile
+ 9 % Brasilien
+ 8 % Argentinien
- 13 % Mexiko

Ein großes Handicap Brasiliens ist seine Regierung, die 45 % mehr als der Durchschnitt der neun untersuchten Länder vom BIP für sich in Anspruch nimmt, natürlich mit hehren Motiven. Die Steuerlast ist 46 % höher und die Realzinsen 144 %. Dafür ist das mittlere Kreditinangebot für die Privatwirtschaft der neun Länder im Verhältnis zum BIP 77 % größer als das Brasiliens.

Die Studie bestätigt, daß die Industrie der Motor Brasiliens ist, jeder Prozentpunkt BIP-Wachstum entspricht 1,8 Prozentpunkte Industriewachstum. Die brasilianische Industrie verlor viel Boden zwischen 1982 und 1998, holt aber auf und hat heute einen Anteil von 24,19 % des BIP. Nur China (39,34 %) und Rußland (24,5 %) haben einen höheren Anteil.

Im Mittel wuchs die Produktivität der betrachteten neun Länder 3,78 % / a, Brasilien isoliert betrachtet lag bei 0,98 % / a. Damit Brasilien auf Dauer (oder, wie man jetzt sagt, nachhaltig) 5 % jährlich wachsen kann, müssen die Investitionen von heute 19 auf 25 % des BIP ansteigen, wenn dies bis 2010 erreicht werden soll, muß unsere brasilianische Industrie in diesem Zeitraum 1 Billionen US$ investieren. Die Frage ist, wo soll dieses Geld herkommen? Vielleicht wird sie vom nächsten Präsidenten beantwortet.

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