11 Januar 2007

Es lebe die SOZIALE BUNDESREPUBLIK BRASILIEN...

... hoffentlich nicht als Nachahmerin der anscheinend ausgerufenen SOZIALISTISCHEN REPUBLIK VENEZUELA mit einem Dauerpräsidenten Chavez! Warum sage ich dies? Heute erreichte mich die Nachricht, daß der Hausmeister eines Wohnhochhauses in Natal (Rio Grande do Norte) um seine Entlassung gebeten hat. Nicht außergewöhnlich in einem Land, in dem ein fristgerecht entlassener Arbeitnehmer seinen "Fundo de Garantia" ausbezahlt bekommt, wobei der "reiche" Arbeitgeber 40 % Strafe auf diese Summe zahlen muß (wegen der Ungerechtigkeit, die Entlassung ausgesprochen zu haben) und weitere 10 %, weil die Regierung das Entlassen an sich (noch) schwieriger bzw. teurer machen will. Aber dieser Geldsegen war nicht der Grund, um Entlassung nachzusuchen (wohlgemerkt, kündigen wollte der Hausmeister nicht, denn dann bekäme er seinen "Fundo de Garantia" nicht, der 8 % seiner monatlichen Bezüge ausmacht, die jeden Monat auf ein Sperrkonto gehen), sondern die schlichte Tatsache, daß er lieber dem Steuerzahler auf der Tasche liegen wollte, als zu arbeiten.

Hier seine Monatsrechnung:

Für 3 Kinder je 175 R$ Schulgeld = 525 R$
Bürgerkarte (Cartão cidadão) = 350 R$
Gasgutschein = 70 R$
Transportgutschein (in seinem Fall 4 Fahrten täglich geschätzt), 8 R$/Tag x 20 Tage = 160 R$
Essensgutschein, 3,50 R$/Tag x 30 Tage x 5 Personen (er, seine Frau und 3 Kinder) = 525 R$

SUMME = 1.630 R$ (heute ca. 582 €)

Heute verdient diese arme ausgebeutete Mann 830 R$, was seinen Arbeitgeber ca. das Doppelte kostet. Künftig gehört er, der Hausmeister, nicht der Arbeitgeber, zu den Ausbeutern und der Steuerzahler bleibt auf der Strecke. Übrigens sind Löhne und Gehälter (da gibt es keinen Unterschied in Brasilien, hier sind alle "trabalhadores") bis zu 1.257,12 R$/Monat von der Einkommensteuer befreit.

Jetzt raten Sie mal, wieso unser neuer alter Präsident vor allem mit den Stimmen der im armen Norden lebenden Brasilianer wiedergewählt wurde?

2 Kommentare:

  1. Dass es Missbrauch von sozialen Transferleistungen (siehe "Florida-Rolf") gibt, ist kein Grundsatzargument gegen Transferleistungen. Auch dass Lohnzahlungen, die unter einer Sozialhilfeschwelle liegen, nicht gerade die Arbeitswilligkeit fördern, ist hinreichend bekannt. Doch auch dass ist kein prinzipielles Argument gegen Sozialtransfers. Die Frage um die es in Brasilien geht ist doch, wie die eklatanten Einkommensunterschiede gemildert werden können, ohne dass die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft darunter leidet. Wenn ich den teilweise fast skandalösen Luxuskonsum in Brasilien betrachte, ist da noch einiges an Spielraum vorhanden. Das Problem ist der fehlende Willen zur Solidariztät. Viele Argumente gegen Sozialleistungen, die man hier in Brasilien hört, scheinen einer sozialdarwinistischen Vorstellungswelt des 19. Jahrhunderts entsprungen zu sein.

    Brasilien hat die Ressourcen, Armut zu bekämpfen. Es wäre doch tragisch, wenn erfolgreiche Armutsbekämpfung in Lateinamerika in Zukunft mit dem Namen eines autokratischen Polit-Clown wie Chavez verbunden wäre, und Brasilien weiterhin weltweites Schlusslicht in Punkto Ressourcenverteilung bliebe.

    Zuletzt: Mich würde die Quelle des "Pförtner-Beispiels" interessieren. Seit wann bekommt man in Brasilien Schulgeld vom Staat ? Was ist eine Bürgerkarte? Und dass man in Brasilien 160$ (50 Euro) pro Monat für den ÖPNV berappen muss, ist ohnehin skandalös. Jede deutsche Monatskarte in Deutschland ist billiger.

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  2. Da kann ich oberem Kommentr nur zustimmen, wie die Rechnung zustandekommt und wo diese ganzen Leistungen herkommen sollen ist mir auch schleierhaft, wobei ich mich da gerne eines besseren belehren lasse...ich war zuletzt 2005 für 1 Jahr in Brasilien - vielleicht hat sich die Situation in den vergangenen 13 Monaten ja derart drastisch gewandelt.

    Eine Anmerkung sei mir noch erlaubt. Wenn ich ihr Besipiel richtig verstehe, behaupten Sie, dass "ihr" Pförtner nicht mehr arbeiten wolle, weil er als Arbeitsloser mehr Geld verdiene und ziehen den Schluss Lula habe daher derart großen Rückhalt bei der Präsidenschaftswahl im Nordosten gehabt. Sollte ich Sie damit richtig verstanden haben, habe ich noch keine größeren Schwachsinn im Bezug auf die Analyse der Präsidentschaftswahl gelesen!
    Ich maße mir keinesfalls an das brasilianische Wählerverhalten analysieren zu können. Aber aufgrund der hohen Zahl von Langzeitarbeitslosen (die ja gar nicht mehr in den Genuß der von Ihnen vorgerechneten staatl. Leistungen kämen - so das denn überhaupt stimmen sollte!), ist ja wohl die Ursache für Lulas starken Rückhalt in dieser Region eher in Programmen wie Fome Zero zu suchen oder in der Tatsache, dass viele MST-Acampamentos in dieser Region zu finden sind und dort die Unterstützung Lulas zumindest im 2. Wahlgang wohl nahe 100% gelegen haben dürfte...ummal nur 2 Gründe zu nennen, die Lulas Wiederwahl befördert haben dürften.
    Ansonsten verbleibe ich mit freundlichem Gruß und bin gespannt auf die Quellen und den Wahrheitsnachweis ihres "Pförtnerbeispiels" bis dahin sei mir gestattet ihren "Post" als hahnebüchend zu bezeichnen...so hahnebüchend, dass ich mich extra registriert habe um auf diesen Humbuck reagieren zu können!

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