13 Januar 2009

Brieflaufzeiten und Bankwarteschlangen

In einer Rezension meines Buches "Wirtschaftsboom am Zuckerhut" wurde mit vorgehalten, ich schriebe so negativ, dass einem die Lust am Investieren vergänge. Dem kann ich nur entgegenhalten, dass der Alltag in Brasilien eben mal so ist. Zwei Beispiele sollen dies erläutern:

1.) Brieflaufzeiten

Die Schneckenpost ist langsam, wir warteten schon so lange auf Päckchen mit Mustern, dass unser deutscher Kunde sie nach zwei Monaten erneut schickte, weil wir bis dahin umsonst gewartet hatten. Und dann kamen beide Päckchen innerhalb von drei Tagen an. Das ist zuverlässig, darauf kann man bauen. Am 8.1.2009 erhielt ich übrigens Weihnachtsgrüsse von CompterWorks aus Loerrach, die die dortigen Mitarbeiter laut Poststempel am 12.12.2008 abgeschickt hatten. Danke, der Weihnachtsmann mit seinem Schlitten ist schneller!

2.) Bankwarteschlangen

Banken sind per Gesetz gehalten, niemanden in der Schlange vor dem Schalter laenger als 15 Minuten warten zu lassen. Sollte es trotzdem passieren, kann man sich bei der Verbraucherschutzbehoerde PROCOM beschweren, die per Augenschein die Berechtigung der Beschwerde am nächsten Tag prüft und - wenn es angebracht ist - eine Strafe in der Hoehe von 100 R$ verhängt. Die Banken zittern deshalb schon, wenn jemand vom PROCOM auftaucht und schliessen schnell ihre Tresore. Unsere Frau Kunze war gestern auf der Bank, um Dokumente abzugeben und eine Quittung mitzunehmen. Nach 40 Minuten in der Schlange war sie endlich die Dokumente los, aber auf die Quittung hätte sie warten muessen. Sie zog es vor, sich diese schicken zu lassen. Das Problem sind die Boten, die von Firmen mit unzähligen Vorgängen zur Bank geschickt werden und dort die Schalter blockieren. Und wenn dann in einer grossen Filiale nur drei Schalter"beamte" verfügbar sind, weil die arme Grossbank dem Filialleiter nicht mehr genehmigt, dann leidet eben der Kunde - das notwendige Übel. Auf den die Banken in Brasilien nicht angewiesen sind, weil der grösste Kreditnehmer die Regierung ist.

Man kann Brasilien trotzdem lieben, aber man sollte nicht die Augen vor offensichtlichen Fehlern verschliessen.

PS: Beschweren Sie sich nicht bei der Bank. Ein älterer Herr tat es gestern in der Schlange und musste sich vom Filialleiter anhören, er solle seine Stimme nicht erheben und es an Respekt fehlen lassen! 

1 Kommentar:

  1. Das Problem ist bekannt, liesse sich aber auch genauso einfach lösen. Zum einen sind es nicht die Office-Boys oder Moto-Boys, die die Schalter verstopfen, sondern ewig viele Brasilianer, die meinen nur weil der Empfänger des Geldes auf dem Zahlschein sein Konto bei der entsprechenden Bank hat auch genau DORT einzahlen zu müssen, statt zu seiner Bank zu gehen und die Karte in eines der Selbstbedienungsterminals einzuführen, um von dort aus dann die Überweisungen zu machen.

    Das andere sind die "Strafen", die PROCON verhängt. Es ist immer das gleiche, nur frage ich mich was es bringt, wenn ich zu PROCON renne, dort ebenfalls in einer Fila (Reihe) festsitze. Da ist es für mich doch viel einfacher UND lukrativer, wenn ich direkt zum Gericht fahre und dort eine Klage wegen "Danos Morais" (Schadensersatz) in Höhe von 3000 Real einreiche und die Bank dann dazu verdonnert wird.

    Die Banken (und übrigens nicht nur diese) wissen sehr wohl über die Situation bescheid, aufgrund der ach so kläglichen 100 Real machen sie aber keinen Schritt nach vorne.

    Wenn aber alle Brasilianer Ihr Recht nutzen würden würde sich sicherlich so einiges tun, denn 1000*3000 Real sind 3 Millionen am Tag und nicht 1000*100, was nur 100 Tausend sind, was wiederum den Banken egal ist, denn Sie verdienen ja genug mit Zinsen!

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