19 Juli 2009

Drei Wochen war der Frosch so krank, jetzt raucht er wieder, Gott sei Dank!

Das sagte Wilhelm Busch und würde heute damit voll daneben liegen, was die politische Korrektheit angeht. Bei der Petrobrás hat es nicht drei Wochen, sondern volle fünf Monate gedauert, bis sie einen finanziellen Engpaß überwunden und wieder angefangen hat, im großen Stil zu investieren. Und Sie können GROSSEN STIL sagen, denn bis 2013 hat der halbstaatliche Erdöl- und Erdgasförderer vor, 174,4 Mrd. US$ für Investitionen auszugeben!!! Da will natürlich jeder mitmischen bzw. liefern und das geht zur Zeit nur, wenn man zu Opfern bereits ist, d.h. dem Einkäufer von Petrobrás riesige Preisnachlässe gewährt. Marcelo Veneroso, der Chef der brasilianischen Niederlassung von Neuman & Esser, dem deutschen Kompressorhersteller mit lokaler Fabrikation in Belo Horizonte seit 1997, der 1985 in São Paulo anfing, kennt diese Probleme. Ausgelöst wurden sie nicht nur durch die krisenbedingte weltweite Kreditknappheit, sondern auch durch den Preisverfall des Rohöls, der einen globalen Investitionsstopp bei den Erdölfördergesellschaften bewirkte. Trotzdem will Veneroso im August um einen Großauftrag der Petrobrás über 13 Kompressoren, die bis zu 180 Mio. R$ kosten können, kämpfen. Seine Gegenspieler kommen aus den USA und der EU, haben aber Fabriken in China und Indien, also geht es letztendlich um einen Wettstreit unter den BRIC-Staaten ohne Russland. Wie stark die Preise für Maschinen und Ausrüstungen zurückgegangen sind, zeigt diese Aufstellung (Rückgang des kg-Preises in % für importierte Güter Mai 2009 gegenüber Juli 2008):
  • - 14 %: Industrielle Ventile
  • - 33 %: Bewässerungselemente
  • - 41 %: Holzbearbeitungsmaschinen
  • - 37 %: Lastbewegungsmaschinen
  • - 32 %: Lackieranlagen
  • - 26 %: Textilmaschinen
  • - 23 %: Maschinen für die Lebensmittelindustrie
  • - 15 %: Maschinen und Ausrüstung für die Kunststoffindustrie
Wer vorher schon keine Luft mehr hatte, ist jetzt sicher ein Lieferant mit akuter Atemnot. Die kann eventuell beseitigt werden, wenn man sich mit brasilianischen Maschinenherstellern zusammentut. Denn diese leiden unter den Preisnachlässen der Exporteure und verkaufen noch weniger als früher. Im September 2008 vor dem Ausbruch DER KRISE betrug der Importanteil am Einkaufsvolumen für Maschinen der brasilianischen Industrie "nur" 39,4 %, im Mai 2009 waren es aber schon 51,4 %! Per Mai 2009 ist der Umsatz der lokalen Kapitalgüterindustrie um 19,7 % zurückgegangen.

Ein Beispiel von vielen: Der Industrieventilehersteller RTS hat einen Petrobrásauftrag im vergangenen Monat an die Konkurrenz aus Indien verloren, die 50 % billiger angeboten hatte. RTS musste 20 % der Mitarbeiter entlassen und arbeitet jetzt nur noch im Einschichtbetrieb.

Wir, d.h. meine Firma Eurolatina, haben diese Entwicklung zum Anlass genommen, unsere Kunden in Deutschland mit ihrer hiesigen Konkurrenz zusammenzubringen und dieser zu empfehlen, die eigenen Produkte aufzugeben und dafür deutsche als CKD- oder SKD-Bausätze zu beziehen und in Brasilien zu montieren.

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