12 Juni 2011

Das Imperium schlägt zurück, aber zögerlich

Brasiliens Verbraucher kaufen immer mehr aus dem Ausland, zur Verzweiflung der heimischen Industrie. Das Departamento de Relações Internacionais e Comércio Exterior - DEREX hat wieder seine Indizes dazu veröffentlicht. Der Exportindex CE misst den Anteil des Exportes an der heimischen Produktion, der Importindex CI misst den des Importes am internen Verbrauch:
Die oben gezeigte Entwicklung bezieht sich auf die allgemeine Industrie. Wenn man nur die Fertigungsindustrie betrachtet, sieht man ähnliche Verhältnisse. Der Exportindex beträgt in diesem Fall aktuell 14,7 % und der Importindex 20,4 %. Der Exportindex war nur einmal geringer seit Beginn der Statistik, der Importindex erreichte seinen höchsten Wert.

Die brasilianische Wirtschaft verzeichnet einen starken Zuwachs des internen Verbrauches, im ersten Vierteljahr 2011 wuchs er um 4 % gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum. Der sichtbare Verbrauch (consumo aparente) war mit 4 % weit höher als der Produktionszuwachs mit 2,3 %. Folgerichtig wuchs der Import um 12,9 %, während der Export nur um 4,7 % zunahm.
Vom Zuwachs des Verbrauches von 4 % entfielen auf die heimische Industrie nur 35,9 %; 64,1 % wurden aus dem Import gespeist.
Die verarbeitende Industrie nimmt deshalb als Erstes ihre Investitionen zurück, denn Kapazität gibt es genügend. Aber dies gilt nur für die Erweiterungsinvestitionen, die in Innovation bezüglich Produkt- und Prozesstechnologie nimmt aber zu. Dem "Imperium" bleibt kein anderer Weg, denn die Regierung tut wenig, um den Faktor custo Brasil zu entschärfen, die Steuern sind nach wie vor hoch, das Geld extrem teuer und der Real nach wie vor überbewertet. Also müssen die heimischen Produkte verbessert und verbilligt werden und das kann nur über Modernisierung der Produkte und der Methoden, sie herzustellen, geschehen. 

Die FIESP - Federação das Indústrias do Estado de São Paulo hat zu diesem Thema ihre Mitgliedsfirmen befragt. Dieses Jahr wollen sie 167,15 Mrd. R$ investieren; 4,7 % weniger als im Vorjahr. Aber die Innovationsinvestitionen sollen um 16,6 % auf 20,3 Mrd. R$ steigen. 73 % aller Investitionen in 2011 beziehen sich auf den Kauf von Maschinen und Anlagen. Die Sektoren Papier & Zellulose, Wohnungsbau und Zucker & Alkohol sind vom Import wenig betroffen, sie investieren ungebrochen. Der Nachfrage an Papier & Zellulose aus dem Ausland ist groß, das Regierungsprojekt minha casa, minha vida (mein Haus, mein Leben) sorgt für Nachfrage im Wohnungsbau, und der Zucker & Alkoholsektor nehmen die Projekte wieder auf, die während der Weltfinanzkrise zurückgestellt worden waren.

Dass die Innovation die zur Zeit einzig wirksame Überlebensstrategie ist, zeigt eine Untersuchung von Valter Peracciani, der die Korrelation zwischen Innovation und Absatz in der hiesigen Automobilindustrie untersucht hat. Der Korrelationsindex beträgt 0,96; d.h. es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen modernen Autos und modernen Produktionsmethoden einerseits und den Absatzzahlen andererseits.

Dass selbst Firmen mit privilegierten Verhältnissen unter dem starken Real, den hohen Steuern und stark zugenommenen Arbeitskosten leiden, zeigt das Beispiel der Bitzer Compressores. Diese Firma mit deutschem Kapital hat direkten Zugriff zur modernsten Technik für ihre Kühleinrichtungen und ist die einzige auf der südlichen Halbkugel, die sie vor Ort herstellt. 2004 exportierte sie noch 30 % ihrer Produktion und investierte 8 bis 12 % ihres Umsatzes in Brasilien. Heute sind es nur noch 2,5 % und der Exportanteil fiel auf magere 6,5 % vom Umsatz. Selbst Exportpreise nahe dem Materialeinsatz konnten diese Entwicklung nicht verhindern. Die grossen OEM-Kunden, meist europäische oder US-Firmen in Brasilien, die früher für ihre Anlagen 80 % nationale Produkte einsetzten, kaufen heute nur noch 60 % vor Ort und importieren den Rest. Einige importieren sogar Komplettanlagen und beschränken sich in Brasilien auf Montage und Kundendienst. 


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