08 August 2012

Karneval wird vorverlegt!

Das ist die einzige einleuchtende Erklärung für zwei Meldungen von heute:

  1. Wer in São Paulo im Supermarkt alkoholische Getränke kauft, muss ab sofort seinen Ausweis zeigen, um nachzuweisen, dass er schon 18 Jahre alt oder älter ist. Die Ausweisnummer und das Geburtsdatum werden notiert (und angeblich nur 24 Stunden aufbewahrt). Diese Regelung trifft auch Grossväter und Grossmütter, deren man das Alter ansieht, selbst in Begleitung der Enkel, die sie beim Gehen stützen und beim Flaschentragen helfen. Damit gehen die Supermärkte weiter, als es das Gesetz befiehlt, denn dieses sagt nur, dass an der Kasse das Alter (nötigenfalls) geprüft werden soll. Und wir schlagen uns in Deutschland mit dem Datenschutzgesetz herum, welches mich vor einigen Tagen tangierte. Ich war in Wolfsburg im Hotel in der Autostadt und wurde am Empfang informiert, dass meine brasilianischen Gäste bereits eingetroffen wären. Vom Zimmer aus bat ich um eine Telefonverbindung zu diesen, was erfolglos blieb, weil sie sich gerade ein Automuseum ansahen und anschließend eine Schweinshaxe verspeisten, was eben brasilianische Touristen so machen. Daraufhin bat ich um die Angabe der Zimmernummer, um später selbst direkt anzurufen. Diese Auskunft wurde mir mit Hinweis auf das Datenschutzgesetz verweigert. 
  2. Wehe mir, wenn das Bloggen als journalistische Tätigkeit angesehen wird! Dann kann ich das Schreiben gleich aufgeben oder muss zurück auf die Schulbank. In Brasilien bemüht sich nämlich bereits seit einigen Jahren die PT-Regierung um eine bessere Kontrolle der journalistischen Tätigkeit, um eine ihr unliebsame Berichterstattung zu be- oder sogar verhindern. Ähnliches sieht man in Argentinien, wo die dortige Präsidentin Kirchner die Produktion und den Verkauf von Zeitungspapier kontrolliert und damit ihr nicht genehmen Zeitungen die Druckunterlage vorenthalten kann. In Brasilien wird gerade eine Verfassungsergänzung vorbereitet, die dafür sorgen soll, dass nur diplomierte Journalisten Artikel schreiben und publizieren dürfen. Ärzte, Ingenieure und alle andere Berufe werden in der Verfassung dagegen nicht erwähnt. Wehret den Anfängen, kann man da nur sagen! Aber wenigstens freuen sich die Eigentümer der brasilianischen Journalistenhochschulen, denen künftig die Studenten nicht ausgehen werden, sei die Ausbildung auch noch so schlecht.
Wilhelm Tell hätte seine helle Freude an unserer Welt und viel Gelegenheit, den Hut Gesslers nicht zu grüssen.

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