01 April 2013

Brasilien ist auf einem normalen Preisniveau angekommen

Die Regierung hat endlich das Prinzip "Steuern auf Steuern" aufgegeben und besteuert Umsätze nur noch per landesweit einheitlicher Mehrwertsteuer und Gewinne per ebenfalls einheitlicher Einkommens- bzw. Gewerbesteuer; die PIS- und Cofins-Abgaben wurden ersatzlos gestrichen und der Real um 25 % abgewertet. Ausserdem wurden die Einkommen und Pensionen der Angestellten des Öffentlichen Dienstes an das Niveau der Privatwirtschaft angepasst und die Arbeitsgesetze flexibilisiert. Die meisten Staatsfirmen sollen bis Jahresende privatisiert werden. Abgeordneten ist ab sofort jegliche selbständige Arbeit als Unternehmer untersagt. Die Finanzierung der Gewerkschaften durch einen generellen Lohnabzug bei allen Mitarbeitern der Privatwirtschaft gibt es nicht mehr, künftig müssen sich die Gewerkschaften durch die Beiträge ihrer freiwilligen Mitglieder finanzieren. Staatsbedienstete dürfen kein aktives Parteimitglied sein. Die Bundesregierung darf höchstens 12 Minister plus den Präsidenten haben.

Das hätten Sie wohl gerne, was? Ich und wahrscheinlich die meisten Brasilianer auch, aber meine Meldung ist (leider) nur ein Aprilscherz. Und so bleibt es dabei, wir sind eines der teuersten und ineffizientesten Länder der Welt. Das sage ich auf die Gefahr hin, dass ich wieder patriotische Kommentare glühender PT-Anhänger erhalte, die mich eines Besseren belehren wollen.

Gestern, also nicht am 1. April, stand ein schönes Beispiel in unserer besten Tageszeitung O ESTADO DE SÃO PAULO unter der Überschrift Impostos e Margens explicam Preços altos, übersetzt Steuern und Margen erklären die hohen Preise. Als Beispiel wird ein Spielzeugtelefon genannt, welches vom Exporteur für umgerechnet 100 R$ verkauft wird. Wenn der Importeur, der Grosshändler und der Einzelhändler jeweils 10 % Gewinn machen, werden für den Endkunden aus den 100 R$ auf einmal 408 R$. Die Rechnung sieht so aus:

ETAPPE I: Das Produkt kommt in Brasilien an
100 R$ Originalpreis 
+ 10 R$ Fracht
= 110 R$
+ Steuern (II, IPI, ICMS, PIS, Cofins)
= 217 R$

ETAPPE II: Der Importeur verkauft an den Grosshändler
+ Transport und Lagerung
= 228 R$
- Steuergutschrift
= 160 R$
+ Gewinn 
= 175 R$
+ Steuern 
= 328 R$

ETAPPE III: Der Grosshändler verkauft an den Einzelhändler
- Steuergutschrift
= 306 R$
+ Gewinn  
= 337 R$

ETAPPE IV: Der Einzelhändler verkauft an den Endkunden
+ Gewinn  
= 370 R$
+ Gewinn  
= 408 R$

Können Sie das nachvollziehen? Natürlich nicht, deshalb bereitet eine Mitarbeiterin von mir eine Tabelle mit den Rechenschritten vor, denn hier in Absurdistan sind 30 % nicht 30 %. Wenn der Hebesatz 30 % beträgt und die Ware 100 R$ kostet, werden nicht 30 % von 100 R$ genommen, sondern von 130 R$. Also erhält die Regierung nicht 30 R$, sondern 39 R$!

Echte Beispiele:

Was kostet ein iPad?
In den USA ohne Steuern umgerechnet 603 R$ und mit Steuern 785. Und in Brasilien? 729 bzw. 1.349 R$.

Was kosten ein Paar Nike Mercurial Vapor IX FG?
In den USA ohne Steuern umgerechnet 400 R$ und mit Steuern 521. Und in Brasilien? 478 bzw. 900 R$.

Was kostet ein Polohemd Lacoste PH7319?
In den USA ohne Steuern umgerechnet 103 R$ und mit Steuern 132. Und in Brasilien? 169 bzw. 269 R$.


Was kostet ein Carola XLI 1,8 132 PS manuell?
In den USA ohne Steuern umgerechnet 23.000 R$ und mit Steuern 32.000 Und in Brasilien? 35.000 bzw. 60.000 R$.


Da fragt man sich: "Sind wir noch zu retten???"

Zum Schluss noch die Big Mac - Währung. Danach ist der chinesische Yuan um 41,1 und der mexikanische Peso um 33,5 % unterbewertet und der Euro um 10,7 % überbewertet. Aber der brasilianische Real schiesst den Vogel ab, denn er ist um 29,2 % überbewertet. Und wir wundern uns, warum die Brasilianer Maschinen aus China und nicht aus Deutschland kaufen und der grösste Handelspartner Brasiliens geworden sind. Ich hoffe, der neue Papst betet jeden Tag dafür, dass die Chinesen alle in die Mittelschicht aufsteigen und findet mit seinem Gebet Gehör. Nur mit steigenden Kosten in China ist offensichtlich dem kommerziellen Vormarsch Einhalt zu gebieten.

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