HÄUFIG GESTELLTE FRAGEN ÜBER BRASILIEN

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Chancen eines Geschäftsmodells, welches primär auf den Import und anschließenden Vertrieb von Produkten in Brasilien abzielt, ohne in Brasilien Wertschöpfung zu betreiben? Wie verhält sich ein solches Geschäftsmodell bzgl. der Besteuerung in Brasilien?
Reiner Export nach Brasilien ist die beliebteste Möglichkeit, das Brasiliengeschäft zu beginnen und durchaus erfolgreich. Wenn man erklärungsbedürftige Produkte verkauft, sollte man einen erstklassigen Vertriebspartner haben. Wenn man Kundendienst leisten muss, braucht man eine gute Vertragswerkstatt. Beide müssen alle geografischen Gebiete bearbeiten, in denen Kunden sitzen. Die Wertschöpfung in Brasilien kann kontraproduktiv sein, weil die Produktivität geringer als in Deutschland ist und manche Materialien teurer, d.h. importierte Ware ist teurer als im Land produzierte. Das gilt besonders für Maschinen und Anlagen mit hohem Technologiegehalt. Hier beträgt der Unterschied laut Untersuchungen der FIESP bis zu 35%. Mit der Besteuerung hat der Exporteur nichts zu tun, er liefert ex work oder fob, der Importeur zahlt die Fracht und auf die Summe von See- oder Luftfracht und Warenwert im Mittel ca. 65%. Näheres können Sie in diesem Blog auf der Mythenseite lesen. WICHTIG: Der Kunde muss importieren dürfen!!! Das ist in Brasilien nicht jeder Firma möglich, sie muss im Firmenzweck den Import erwähnen und die sogenannte RADAR-Zulassung haben. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die FINAME - Finanzierung vom Maschinen, Anlagen und IT- Einrichtungen. Wer zum Kauf solcher Dinge einen brasilianischen Bankkredit braucht, zahlt seine Investition oft mehrfach. Die BNDES stellt für in Brasilien gefertigte Produkte mit mindestens 60% local content FINAME - Kredite zur Verfügung, die auch in Brasilien ansässige Firmen ausländischen Kapitals in Anspruch nehmen können. Diese haben 10 Jahre Laufzeit (IT 5 Jahre) und von der Höhe her bezahlbare Zinsen. Wer nach Brasilien exportiert, nimmt seinem Kunden diese Finanzierungsmöglichkeit. Es gibt Ausnahmen, wenn ein kein sogenanntes similar nacional gibt, wenn also ein gleichwertiges Produkt in Brasilien nicht hergestellt wird.

Ist ein Vertrieb von Produkten zwischen den 26 Bundesstaaten des Landes problemlos möglich oder mit Regularien/Kosten verbunden?
Probleme gibt es normalerweise nicht, man muss nur beachten, dass der ICMS-Wert sich ändern kann je nachdem von welchem Bundesstaat in welchen man seine Ware schickt. Dazu gibt es eine Tabelle: 
Wichtig ist, dass es zu einer Doppelbesteuerung bei Geschäften über das Internet kommen kann. Bei "normalen" Geschäften fällt ICMS im Bundesstaat an, in dem das verkaufende Unternehmen seinen Sitz hat, bei Geschäften über das Internet wird ICMS im Bundesstaat des Verkäufers und des Käufers gezahlt.

Infrastruktursituation im Land?
Schlecht "auf dem Lande", gut bis erträglich z.B. in São Paulo, wenn mit der Frage die Straßenverhältnisse gemeint sind. Wasserver- und -entsorgung ist ein großes Problem, Müllbehandlung ebenso. Eisenbahn und Binnenschifffahrt sind sehr verbesserungsbedürftig.

Sind besondere Hürden bei Firmenaufkäufen in Brasilien zu erwarten?
Nein, aber eine tiefgehende due diligence ist wichtig (und teuer), um Überraschungen zu vermeiden. Normalerweise will der Verkäufer viel zu viel Geld und versteckt Probleme. Der Kauf einer Firma ist weniger problematisch als die anschließende Eingliederung in die Organisation des Käufers. Hier ist viel kulturelle Kompetenz erforderlich!

(Zu erwartende) Auswirkungen der Präsidentschaft Jair Bolsonaro auf Aktivitäten ausländischer Unternehmen in Brasilien?
Positiv, er will Staatsbetriebe privatisieren, die Steuerlast der Unternehmen senken und ausländische Investoren ins Land bringen. 

Förderungen von Investitionen durch die brasilianische Regierung: Nationale Investitionsbank (BNDES) – Welche Möglichkeiten der Förderung gibt es und welche Kriterien sind für diese zu erfüllen?
Die Bundesstaaten können den ICMS-Wert vorübergehend reduzieren oder auf Null setzen und die Einfuhr neuer Maschinen (in Ausnahmenfällen auch gebrauchter) erleichtern. Die Gemeinden stellen häufig Grundstücke kostenlos für Fabrikneubauten zur Verfügung. Manchmal schaffen die Bundesstaaten sogar Zugang zu Autobahnen bzw. Bundesstraßen, wenn dies am ausgesuchten Firmenstandort technisch möglich ist. 2017 wurden 91,51% der ausländischen Investitionen in Ceará von nur 10 deutschen Firmen gemacht, die zusammen  216 Millionen US$ investierten und die Fördermöglichkeiten dieses Bundesstaates ausschöpften. Früher konnten ausländische Firmen in Brasilien nur dann von staatlichen Banken und hier insbesondere der BNDES zinsverbilligte Kredite erhalten, wenn sie in einem strategisch wichtigen Sektor tätig waren. Temer hat dieses Begriff ausgeweitet und sogar den Textilsektor mit einbezogen. Was Bolsonaro daraus macht, muss abgewartet werden.

Brasilien als Tor für Südamerika?
Auf jeden Fall! Viele Konzerne konzentrieren ihre Südamerikatätigkeit in Brasilien und steuern von hier aus ihre Landesgesellschaften in den übrigen Ländern oder importieren von Brasilien aus in diese.

Existiert eine Plattform für den Erfahrungsaustausch von schweizer und deutschen Unternehmen, die Direktinvestitionen in Brasilien getätigt haben?
Mir ist keine Plattform bekannt, aber schicken Sie mir Ihre spezifischen Fragen - wir haben schon weit über 300 deutsche Firmen in Brasilien betreut und können Ihnen sicher mit Rat und Tat beistehen und /oder Beispiele nennen und Kontakte vermitteln.

Ist eine Kommunikation in Englisch möglich oder ist Portugiesisch ein „Muss“ um in Brasilien wirtschaftlich erfolgreich zu sein?
Das kommt auf den Gesprächspartner in Brasilien an. Heute sprechen schon viel mehr Brasilianer als vor 40 Jahren, als ich das erste Mal den Boden Brasiliens betrat, Englisch. Aber die beste Sprache ist immer die des Kunden, also sollte man normalerweise Portugiesisch verwenden, vor allem bei Prospekten und Gebrauchsanweisungen - dazu gibt es sogar einen gesetzlichen Zwang. Bei Verträgen, die notariell registriert werden sollen, können sie zweisprachig arbeiten; aber nur die portugiesische Fassung hat Rechtskraft. Es gibt eine Ausnahme; wenn Sie wie ich Großanlagen an die Stahlindustrie verkaufen, die es in Brasilien nicht gibt, können Sie darauf bauen, dass alle Ausschreibungsunterlagen auf Englisch abgefasst wurden und dass Sie getrost auf Englisch antworten können. 

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